Geld regiert die Welt - in welcher Welt wollen wir zukünftig leben?
News und Storys von Studierenden der Uni Freiburg

Wegwerfen? – Nein danke!

Fahrräder, Handys, Wasserkocher, Lampen, Regale, Kuscheltiere. Vom Gewicht her so viel wie ein Elefant oder fünf Kleinwagen. Das wirft jeder bzw. jede Deutsche pro Jahr in den Müll. Es geht aber auch anders. Wir haben uns auf den Weg gemacht: Haben unsere Sachen zur Reparatur gebracht. Uns auf dem Flohmarkt umgeschaut. Menschen besucht, die Dinge zu verschenken haben. Und der Recyclinghof muss nicht die Endstation sein. Neugierig geworden?

„Was würden Sie niemals wegwerfen?“

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Zu verschenken-Portale

Fragt man Freiburger und Freiburgerinnen auf der Straße, sagen viele, dass sie „Zu verschenken-Portale“ nur selten nutzen. Trotzdem haben wir auf der Freiburger Seite der Ebay-Kleinanzeigen und im Verschenkmarkt der Abfallwirtschaft Freiburg viele Menschen gefunden, die Dinge verschenken. Dabei haben wir auch außergewöhnliche Gegenstände entdeckt – und die Menschen hinter der Anzeige besucht. Welche Motivation steckt dahinter? Und wieso verkaufen sie diese Dinge nicht?
Allein am 20. Mai 2019 gab es für Freiburg unter „Zu verschenken“ bei Ebay Kleinanzeigen über 1300 Anzeigen: Die älteste stammte von August 2018 – Formelsammlungen für Mathe und Physik. Wir haben uns auf dem ersten halben Dutzend Zu verschenken-Seiten umgesehen.

Was wird am häufigsten verschenkt?

Die acht kuriosesten Zu verschenken-Gegenstände auf der Plattform:

Reparatur-Cafés

Wer seine gebrauchten Geräte nicht verschenken und partout nicht wegwerfen will, kann sie reparieren lassen. Zum Beispiel in einem Reparatur-Café: Hier kümmern sich ehrenamtliche Hobbybastler und -bastlerinnen um nützliche oder liebgewonnene Geräte. Und zwar bis sie wieder funktionieren. Oder manchmal auch nicht. Wir haben mal mitgewerkelt.
Unser Radio funktioniert wieder.

Während wir mit Wolfgang gebastelt haben, waren drei weitere Reparateure am Werk: Sie haben in drei Stunden 14 Geräte behandelt. Das Reparatur-Café im „FreiLab“ (siehe Karte) ist das älteste in Freiburg, es wurde vor fünf Jahren gegründet. Seit zwei Jahren hat es hier keinen Reparatur-Treff ohne Kunden gegeben.

Das weltweit erste Reparatur-Café wurde 2009 in Amsterdam eröffnet. Die Initiativen sind grundsätzlich ehrenamtlich und über Spenden finanziert. Mittlerweile gibt es allein in Deutschland über 1000 Reparatur-Cafés. Freiburg hat vier, ein weiteres ist im Recyclinghof St. Gabriel geplant.

Genauso wichtig wie Geräte reparieren sind die Begegnungen: Gemeinsam basteln, Neues lernen, sich austauschen. Mit vorzüglichen Nebenwirkungen: Geld sparen und gleichzeitig etwas für die Umwelt tun. Und jedes Mal lässt sich eine neue Geschichte erzählen…

Expecto Patronum, Drucker!

Voll freudiger Erwartung kommt Anna mit ihrem Drucker. Reparateur Daniel schnauft: „Drucker nehmen wir normalerweise nicht, die sind zu kompliziert und oft kann man nichts machen!“ Trotzdem öffnet er das Gerät: „Der Patronenkopf ist verstopft“. Mit einem Tuch und Alkohol reibt er am Druckkopf herum, aber Daniel kann ihn nicht abnehmen. „Solche Drucker kann man einfach nicht reparieren.“ Die Hersteller machen das offenbar absichtlich, damit man sich ein neues Gerät kauft. „Kauf dir nächstes Mal einen Laserdrucker, die halten viel länger“, sagt Daniel.
Na toll …

Radio Gaga

Andys Radio ist ein Erinnerungsstück von seiner Mutter. Sie hat es zu ihrer Jugendweihe geschenkt bekommen. Mit seinen über 40 Jahren hat es echten Vintage-Wert. Einziges Manko: Es funktioniert nicht mehr richtig. Andy kennt sich nicht mit Elektrik aus und freut sich über die Expertise der Reparateure. Nach einer Stunde gemeinsamen Werkelns läuft das Radio leider trotzdem nicht. Andy sieht es positiv: „Wenigstens haben wir jetzt die eindeutige Antwort, dass es ein Stück für die Vitrine ist und nicht mehr.“

Vollkommen sauglos!

Dieser Staubsauger fällt besonders auf: Er dröhnt laut. Saugversuch, aufschrauben, erneuter Saugversuch, wieder aufschrauben – zwei Stunden später atmen Staubsauger und alle im Reparatur-Cafe auf. Der Besitzer, völlig am Ende, strahlt: „Mir war klar, dass es klappt. Ich habe schon öfter Sachen hierhergebracht. Zum Beispiel einen Föhn oder Kopfhörer. Heute musste ich etwas warten, da so viel los war, aber das ist ja nicht schlimm.“

Määh Rasenmäher, määh!

Barbara ist mit ihrem Rasenmäher gekommen. Sie ist aber eigentlich kein Gast im Reparatur-Café: Normalerweise repariert sie hier zwei Mal im Monat selbst. Auch die Reparateure und Reparateurinnen bringen manchmal ihre kaputten Geräte mit und fragen ihre Kollegen und Kolleginnen um Rat. Den Rasenmäher nimmt Barbara heute aber noch defekt mit nach Hause. Es fehlt ein Ersatzteil für die Halterung und das muss sie erst bestellen. „Sobald es da ist, komme ich wieder. Mein Kollege Daniel kann den Rasenmäher reparieren, das hat er schon erkannt. Wenn das Ersatzteil kommt, geht es los.“
„Reifen flicken, Socken stopfen, Fensterläden reparieren … das war für meine Großeltern selbstverständlich. Manchmal wurde das Wissen überliefert, aber häufig ist es verloren gegangen.” – Cléa, 21, Studentin

Flohmarkt

Gebrauchte Sachen, Schnäppchen oder umweltfreundlich … mit diesen Begriffen verbinden Studierende Flohmärkte. Hier warten Anbieter und Anbieterinnen stundenlang auf Kunden. Auf den Flohmärkten in der Gundelfingerstraße und in der Freiburger Messe haben wir an den Ständen gefragt: Warum verkaufen Sie Dinge auf Flohmärkten?
Daniela verkauft Schminke
Diese Frau verkauft ein Fußmassagegerät
Martina verkauft Schwimmflossen
Daniel verkauft Tupperware
Mizla und Freundin verkaufen Tassen
Cornelia verkauft Ü-Eier-Figuren
Auf Flohmärkten gibt es Kleidung, Spiele oder Bücher. Oft kommen auch Sammler und Sammlerinnen. Manchmal werden ungewöhnliche Stücke angeboten wie Wildschädel oder Nachbildungen von Wirbelsäulen. Die Gründe, sich von Dingen zu trennen, sind unterschiedlich. Aber eines ist sicher, hinter einer Überraschungsei-Figur oder einer Postkarte von 1935 steckt eine Geschichte.
„Ich gehe auf Flohmärkte, weil ich Second Hand kaufen möchte. Die Kleider sind vintage und es ist umweltfreundlicher. Was für mich eine freie Entscheidung ist, ist für andere eine Notwendigkeit.” – Marie, 23, Studentin

Recyclinghof

Das kaputte Fahrrad auf dem Recyclinghof verschrotten lassen? Geht. Ein Fahrrad auf dem Hof kaufen? Geht auch. Die Abfallwirtschaft Freiburg kümmert sich nicht nur um unseren Müll, sondern auch darum, dass intakte Gegenstände nicht einfach zerschreddert werden. Auf der Warenbörse können Freiburgerinnen und Freiburger alles kaufen, was sich im Laufe der Woche auf dem Hof angesammelt hat. Hot oder Schrott? Wir haben einen Nachmittag dort verbracht, um herauszufinden was hier so landet.

Hot oder Schrott

Zweite Chance? – Ja bitte!

Gegenstände, die alt oder kaputt sind, müssen nicht weggeworfen werden. Ob Warenbörse, Flohmarkt, Zu verschenken-Anzeigen oder Reparatur-Cafés – nicht nur in Freiburg gibt es viele Möglichkeiten, Müll zu vermeiden. Und manchmal kann man anderen damit sogar eine Freude machen – oder sich selbst. Auf unserem Streifzug durch Freiburg haben wir nicht nur tolle Konzepte entdeckt, sondern auch Menschen kennengelernt, die mit Begeisterung und Herzblut hinter der Idee stehen: „Wegwerfen? – Nein Danke!“.
Gegenstände, die alt oder kaputt sind, müssen nicht weggeworfen werden. Ob Warenbörse, Flohmarkt, zu verschenken-Anzeigen oder Reparatur-Café – nicht nur in Freiburg gibt es viele Möglichkeiten, Müll zu vermeiden. Und manchmal kann man anderen damit sogar eine Freude machen – oder sich selbst. Auf unserem Streifzug durch Freiburg haben wir nicht nur tolle Konzepte entdeckt, sondern auch Menschen kennengelernt, die mit Begeisterung und Herzblut hinter der Idee stehen: „Wegwerfen? – Nein Danke!“.

Eine Crossmedia-Produktion von deutsch-französischen Journalistikstudierenden im Sommersemester 2019:

Leila Fendrich, Julia Greif, Camille Henriot, Mariella Hutt, Jessica Hans, Sarah Chopin, Aurélien Gerbeault, Franziska Grote, Marie Maheux, Cléa Péculier, Anna Pettini, Mia Bucher; Grafiken von Marie Maheux

in Zusammenarbeit mit der crossmedialen Ausbildungsredaktion uniCROSS am Medienzentrum der Universitätsbibliothek Freiburg.

Fotos: Aurélien Gerbeault, Sarah Chopin, Anna Pettini, Franziska Grote, Marie Maheux, Jessica Hans, Mariella Hutt, Cléa Péculier